Samstag, 28. Mai 2005

»(vor) was man (sich) alles schützen (lassen) kann«

zugegeben, ich bin, was juristische dinge anbelangt, absoluter laie - aber meinem »gesundem rechtsempfinden« nach dürfte das hier kaum möglich sein:

frage: kann man den begriff »nachts« als titel schützen lassen?

(titelschutzanzeige in »Kunst + Kultur. Kulturpolitische Zeitschrift in ver.di« nr. 4/2005)

der »Börsenverein des Deutschen Buchhandels« fasst die geltenden titelschutzbestimmungn wie folgt zusammen:
»Buchtitel sind markenrechtlich geschützt, wenn sie neu sind und eine eigene Kennzeichnungskraft besitzen. Rechtsgrundlage ist das Markengesetz (§§ 5, 15 MarkenG). Titelschutz entsteht automatisch mit der Ingebrauchnahme eines Titels als "besonderer", d.h. hinreichend unterscheidungskräftiger namensmäßiger Bezeichnung eines Werkes oder durch die Schaltung einer sog. Titelschutzanzeige [...]. Eine Behörde oder eine sonstige Einrichtung, die für die Anmeldung von Titelschutz zuständig wäre, existiert nicht. "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“: Dieses Prinzip kommt auch im Bereich des Titelschutzes zum Tragen. Das stärkere - weil prioritätsältere - Recht steht also immer demjenigen zu, der einen Titel zuerst benutzt. Um Titelschutzverletzungen zu vermeiden, sollten Verlage vor Verwendung einer kennzeichnungsfähigen Bezeichnung sorgfältig prüfen, ob der in Aussicht genommene Titel nicht bereits belegt ist. Hier bietet sich zunächst eine Überprüfung an Hand des "Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB)" an. Weitergehende Recherchen - wie z.B. über Internet-Suchmaschinen - sind zu empfehlen.«
folgen wir dieser empfehlung und blättern im VLB nach, entdecken wir allein 82 (wohlgemerkt: noch im buchhandel erhältliche) titel, die kombinationen mit dem oben beanspruchten wort darstellen (mit variationen sind es bereits 204); 6 davon verwenden den begriff »nachts« als alleinigen titel - so etwa eine publikation des immerhin nicht ganz unbekannten autors Stephen King. ob sich die betreffenden 6 autoren bzw. verlage mittlerweile gegenseitig auf das recht des zuerstmahlenden verklagt haben, war auf die schnelle nicht herauszufinden...

... ist allerdings auch höchst unwahrscheinlich, wie (zumindest uns laien) ein blick ins hier bereits erwähnte markengesetz lehrt. dort heißt es (an anderer stelle zwar, als oben angegeben, aber deshalb vermutlich nicht weniger gültig):
»[§ 8: Absolute Schutzhindernisse]
(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,
[...] die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch [...] üblich geworden sind [...]«

ich möchte also zumindest vorsichtig vermuten, dass selbiges auch für titel (quasi als marken-untermenge) gilt.

(sollte hier zufällig ein jurist vorbeikommen, der sich mit sowas auskennt, wäre ich für einen entsprechenden kommentar sehr dankbar!)

nun geht freilich gerade auf diesem offenbar höchst sensiblen gebiet der rechtsprechung und gesetzgebung nicht immer alles nach gesundem menschenverstand vor sich, wie jüngst etwa die spektakulären klagen des metro-konzerns und der mobilfunkfirma o2 bewiesen haben. dennoch muss man sich fragen, was frau Ehrich, eine recht unbekannte, wenn auch sicherlich nicht unerfahrene, da immerhin mit dem »Exil-PEN-Literaturpreis 2001« ausgezeichnete lyrikerin, zu diesem aussichtslosen unterfangen bewogen haben mag. handelt es sich womöglich schlichtweg um werbung? oder um eine teerfalle für gutmütige deppen wie mich, die eine halbe stunde ihrer kostbaren zeit darauf verschwenden, den tieferen sinn dieser aktion zu ergründen? oder ist die vermeintliche titelschutzanzeige in wirklichkeit gar als gedicht zu interpretieren?

weitere amüsante bis schockierende häppchen aus der weiten welt des titelschutzes bietet übrigens die online-ausgabe des »Titelschutzanzeigers«.

»fluch der entscheidungsfreiheit«

fairpress meldet [Hervorhebungen von mir]:
»Im Streit mit der Presse hat Tatjana Gsell, „Society Lady“ und Witwe des verstorbenen Schönheitschirurgen Dr. Franz Gsell, erneut eine juristische Niederlage erlitten.
Das Münchener Oberlandesgericht (OLG) hatte sich in seinem Urteil (Az.: 18 U 1835/05) unter anderem mit der Frage auseinandergesetzt, ob Frau Gsell in einem Artikel als „Busenmacher-Witwe“ bezeichnet werden durfte. Die Art und Weise, wie sich Frau Gsell in der Öffentlichkeit darstellte zog das Gericht heran, um zu klären, ob durch die strittige Äußerung der Zeitschrift „neue woche“ ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Dazu das OLG in seinem Urteil: „Derjenige, der sich mit einem bestimmten Aspekt seiner Persönlichkeit in die Öffentlichkeit bringt, kann sich nicht dagegen wenden, dass ihn die Öffentlichkeit so sieht.“ Bezugnehmend auf ein freigegebenes Foto in der Zeitschrift „Bunte“ im Jahr 2004, in der Frau Gsell und ihr Lebensgefährte in „sexuell freizügiger Weise“ dargestellt wurden, kam das Gericht zu dem Schluss, dass Frau Gsell „sich somit derzeit entschieden hat, ihren Körper zur Schau zu stellen“

ein schönes und kluges urteil, möcht ich doch meinen. wieviele »stars« fallen euch auf anhieb ein, denen man das gerne auf die stirn tätowieren möchte?

(das urteil im vollen wortlaut hier)

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