Montag, 13. Dezember 2004

»mit ruhe & gemüt-, ähm: besinnlichkeit!«

das weihnachtsgebäck schlechthin - der zimtsternschon ist der 3. advent vorbei - zeit, sich auf die »stillen tage« vorzubereiten! und womit könnte diese zeit besser eingeleitet werden als mit einer feinen hintergrundmusik (mp3, 5,5 mb) und einer herzerwärmenden geschichte?

der folgende text stammt nicht von mir, sondern vom (virtuell inzwischen leider nicht mehr existenten) freitagsfish aus dem jahre 2001 und hat, wann immer ich ihn bei weihnachtslesungen vor größerem publikum vorgetragen habe (dreimal, um genau zu sein), stets für begeisterung gesorgt. wenn er euch gefällt, tragt ihn bitte weiter - und vergesst mir den autor nicht (sachdienliche hinweise über dessen verbleib nehme ich übrigens gerne entgegen!).
»die geschichte vom ersten zimtstern

in der zeit, als geschichten noch richtige geschichten waren, gab es eine prinzessin, deren augen waren so braun und warm wie zimt, und wenn sie lachte, dann leuchteten kleine sterne darin, und deshalb nannten alle am hof sie nur prinzessin zimtstern.

eines tages im winter wurde die prinzessin sehr krank, und wie das so üblich ist in solchen geschichten, schickte der könig seine schnellsten reiter zu den königreichen in den vier winden, und bat um rat und tat und hilfe. aber egal, was die klugen apotheker und noch klügeren doktoren auch versuchten, nichts half, und die prinzessin wurde immer kränker, und lachte immer seltener und die sterne in ihren augen leuchteten immer schwächer, und eines nachts im dezember verloschen die lichter ganz.

da ordnete der könig ein jahr staatstrauer an, und ass nichts mehr, denn auch das ist in solchen geschichten üblich, und alle am hof trugen zimtbraune trauerkleidung, und überall wehten zimtbraune fahnen, und der könig liess alle schimmel und rappen von seinem hofe verbannen und ritt bei allen wichtigen und nicht so wichtigen anlässen nur noch einen zimtbraunen hengst, der einmal prinzessin zimtstern gehört hatte.

aber nachdem das jahr um war, und das leben wieder seinen gang ging, und auch die rappen und schimmel wieder ins land zurückgekehrt waren, und auch der schnee, und der winter, war der könig immer noch traurig, und ass nur wenig, und auch die besten köche und die noch besseren köchinnen am hof konnten kein gericht zubereiten, das der könig nicht mit seinen tränen versalzte. nicht einmal die weihnachtsplätzchen, die ihm aus den königreichen in den vier winden geschickt wurden, konnten ihn aufmuntern, und das ist selbst in solchen geschichten nicht üblich.

aber einer der küchenjungen hatte nicht nur hellere haare als alle anderen am hof, sondern auch ein helleres köpfchen, und eines tages nahm er eine handvoll mandeln, und genausoviel zucker, und 2 eiweiss und knetete alles zu einem festen teig, dem er mit einem grossen löffel zimt farbe gab.

dann stellte er den teig ans fenster, damit er schön kalt und fest wurde, wie der schnee, der draussen lag und lief zum schmied. der lachte, als er hörte, was der küchenjunge von ihm wollte, aber er nahm ein altes hufeisen von prinzessin zimtsterns pferd und machte daraus eine kleine form, und der küchenjunge lief zurück zu seinem teig, der am fenster fröstelte, und rollte ihn aus und stach viele kleine sterne aus, die er dann auf einem grossen blech im ofen knusperbraun buk. damals sagte man noch buk, und nicht backte, das war so üblich.

als der duft von zimt und mandeln durch die küche strömte und die zimtsterne fertig waren, nahm der küchenjunge das heisse blech, verbrannte sich die hand, fluchte wie ein küchenjunge, und ging dann zum könig, der alleine im grossen rittersaal sass, nichts ass, und traurig in seinen goldenen kelch mit rotwein starrte und über die welt nachdachte, wie sich das für einen könig gehört.

könig, sagte der küchenjunge, sieh, was ich dir gebacken habe. ich habe keinen hunger, junge, sagte der könig, und starrte weiter in seinen kelch, in dem gerade eine fliege zu ertrinken drohte. die welt ist ein jammertal, da hat man keinen hunger, das ist nicht üblich, aber dafür bist du natürlich noch zu jung. was soll mir essen. und eine grosse träne rollte ihm über die wange, fiel in den kelch mit rotwein und ertränkte die fliege.

und der könig seufzte betrübt und sagte: alles was ich brauche ist mein zimtstern.

eben, sagte der küchenjunge, stellte das backblech auf den tisch, so dass selbst der könig nicht darüber hinwegsehen konnte, und pustete ein wenig, bis dem könig der duft von mandeln und zimt in die nase stieg.

als der könig das blech voller zimtsterne sah, musste er lächeln. ein bisschen wehmütig vielleicht, weil sich das gehört, aber er lächelte, und dann nahm er einen zimtstern, und verbrannte sich auch nicht die finger, denn dafür hat man ja personal, und kostete. und dann kostete er ein wenig mehr und noch ein wenig mehr und dann noch mehr, bis selbst der küchenjunge fand, das sich das nicht gehört, aber da war das blech schon leer, bis auf einen letzten zimtstern. den nahm der könig, und heftete ihn dem küchenjungen an die küchenschürze, was gar nicht so einfach ist, wie jeder weiss, der das schon mal versucht hat, denn der zimtstern war leicht und knusperzart, und dann sagte der könig: junge, du weisst sicher, dass es in solchen geschichten üblich ist, dass der jüngste küchenjunge auch der klügste ist, aber deine zimtsterne sind noch besser, als es sich ein geschichtenschreiber ausdenken könnte, und ich ernenne dich hiermit zum obersten küchenjungen von allen, und wenn du dich weiter so gut anstellst, wirst du eines tages noch chefkoch. und von jetzt an soll es jedes jahr zu weihnachten zimtsterne geben, für alle am hof, aber das erste blech bringst du mir, das ist ein befehl. und das klang schon fast so, wie es sich für einen richtigen könig gehört.

der küchenjunge verbeugte sich, und lief dann zurück in die küche. draussen auf dem hof liess er einen lauten freudenschrei los, was kein bisschen üblich war, nicht seit die prinzessin gestorben war, und weil er seine küchenjungenmütze noch brauchte, nahm er seinen zimtsternorden und warf ihn hoch in die luft an den abendhimmel, und da blieb der zimtstern hängen, wie sich das für einen stern gehört.

und der könig starrte noch eine weile weiter in seinen rotwein, aber er war nicht mehr ganz so traurig, denn zimstern ist zimtstern, und der küchenjunge wurde irgendwann chefkoch, und jedes jahr gab es zimtsterne für alle, und das erste blech war für den könig, denn nur ein könig hat das recht des ersten blechs, und der küchenjunge verbrannte sich jedesmal wieder die hand, und fluchte, wie sich das für einen küchenjungen gehört, der einmal chefkoch werden will.

und seitdem gibt es zimtsterne in den geschichten und küchen dieser welt, aber der eine, der vom ersten blech, der hängt noch heute am himmel, und wenn es winter wird, und man genau aufpasst, dann kann man ihn am himmel glitzern und funkeln sehen, aber vor allem kann man ihn riechen, und wenn es an einem dunklen abend draussen anfängt nach mandeln und zimt zu duften, dann ist man dem ersten zimtstern schon sehr sehr nah.«

(quelle: http://www.freitagsfish.de/2001_10_14_archiv.html - inzwischen, wie gesagt, leider nicht mehr online)

wer jetzt lust aufs selberbacken bekommen haben sollte, klicke einfach auf den obigen zimtstern. und wer gerne weiterlesen möchte, dem sei folgende, von screwtape's empfohlene weihnachtsgeschichte ans herz gelegt, die ebenfalls bestens zur einstimmung auf die nahen festtage geeignet ist. :o)

Trackback URL:
https://abundant.twoday.net/stories/438370/modTrackback

stattkatze - 9. Dez, 11:24

Randnotiz

Der Text ist von mir. Fish hat die Rohfassung damals mit meinem Einverständnis ins Blog gesetzt.

Weihnachtliche Grüße

Anke Tröder
http://schriftstellwerk.de

abundant - 9. Dez, 20:41

vielen dank für die rückmeldung! ach, wie schön, dass ich endlich erfahre, wer diese tolle geschichte geschrieben hat! aber schade, dass auf schriftstellwerk.de im moment nicht mehr zu finden ist. wird denn bald mit »nachschub« zu rechnen sein? :o)

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