der das sagt, ist gerade von Henryk M
[odest] Broder in dessen unnachahmlich süffisanter art und weise
abgewatscht worden. ob zu recht oder unrecht, mag der/die geneigte leser/in selbst beurteilen. jedenfalls: ich mag den alten stichler - nicht nur wegen seiner stets lesenswerten Spiegel-kolumnen (neuestes beispiel
hier), sondern vor allem deshalb, weil sein finger mit nahezu untrüglicher sicherheit in die richtigen, noch immer bzw. schon wieder säftend klaffenden wunden trifft.
man mag ihm vorwerfen, dass er damit nicht unbedingt den heilungsprozess, sondern im gegenteil eiter und narbenbildung fördert. ich sehe das, mit verlaub, anders, nämlich: solange wir weiter dem kitsch von der »unfähigkeit zu trauern« (mal in
dieser, mal in
jener hinsicht) frönen, solange wir ernsthaft glauben, es ginge darum, eine buße zu tun, um mit deren pflichtschuldiger erledigung unser gewissen ebenso wie unsere geschichtliche weste weißzuwaschen, brauchen wir unbequeme geister wie herrn Broder, die uns von zeit zu zeit daran erinnern, dass wir zwar ein schönes deutsches wort für unser »
deutsches miserere« gefunden haben (»
vergangenheitsbewältigung« - übrigens ein genauso
»deutsches thema« wie »
heimat«), dessen bedeutung aber mehr umfassen sollte als ein bisschen geschichtsunterricht und abfeiern von gedenktagen. ich empfehle dazu die lektüre von Broders 1986 erstmals erschienenem buch
»Der ewige Antisemit«, das von den wurzeln und ausläufern des antisemitismus bis in unsere zeit hinein handelt und im juli dieses jahres neu erscheinen wird.
p.s.: darüber hinaus finde ich es übrigens bemerkenswert, wie viele »gutmenschen« sich durch herrn Broder herausgefordert fühlen, zu themen des christlich-jüdischen dialogs, zu antisemitismus oder (anti)zionismus stellung zu beziehen bzw. meinen, sich per e-mail an ihm abreagieren oder sich von ihm eine art absolution erteilen lassen zu müssen. (beispiele finden sich
hier zuhauf.) Broder ist weder honorarkonsul israels, noch sprecher des zentralrats der juden in deutschland oder irgendeiner jüdischen gemeinde, auch kein angehöriger einer staatlichen institution, noch nicht einmal ein selbsternannter »tugendwächter«, sondern schlicht und einfach:
ein publizist. niemand ist dazu gezwungen, seine ansichten zu teilen, aber offenbar neigen nicht wenige dazu, zu glauben, sein wort habe, in welchen »höheren kreisen« auch immer, besonderes gewicht. und so finden sich in Broders briefkasten wahre perlen der argumentationskunst, wie z.b. diese hier:
»Sehr geehrter Herr Broder, mit Entsetzen und Erstaunen musste ich feststellen, dass viele Rechtsradikale den Umgang mit dem Computer beherrschen und ihnen E-Mails schicken, die eindeutig den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Jeder der den "Holocaust" als eine Lüge darstellt, gehört ins Gefängnis, soviel ist sicher. Damit dürfte wohl klar sein, dass ich kein Antisemit bin. Trotzdem habe ich Kritik gegenüber Juden zu äußern.«
heilige einfalt! (siehe überschrift)
im übrigen fallen Broders entgegnungen auf solche und ähnliche bekundungen (
s.o.) oft reflexartig und damit eigentlich absehbar aus. wer so argumentiert und sich dann durch die antwort noch weiter aufs glatteis führen lässt, wie es der oberlehrer aus dem eingangsbeispiel tut, hat die klatsche wahrlich verdient...
abundant - 2. Mai, 13:04