»reclam-kunst«
hochverehrtes publikum,
willkommen im museum für moderne alltagskunst! in unserer heutigen ausstellung präsentieren wir Ihnen einige werke großer, gleichwohl anonymer meister(innen) aus den späten 80er jahren des vergangenen jahrhunderts. gemeinsames merkmal dieser pop-art-exponate ist, wie Sie sicherlich merken werden, die verwendung eines materials, das sich in jener zeit besonders im schulunterricht großer beliebtheit erfreute: sogenannte »reclam-heftchen«, hergestellt von der gleichnamigen stuttgarter firma.
insbesondere die produkte der »gelben periode ohne titelillustration« (1970-1987), die zum teil bis heute im freien handel zu spottpreisen erhältlich sind, haben auf die künstler jener zeit eine ungeheure anziehungskraft ausgeübt. zahllose werke in den variationen »filz-/blei-/buntstift bzw. tinte auf reclam«, seltener »öl auf reclam«, sind in dieser wohl kreativsten phase des späten 20. jahrhunderts, auf die auch das massenhafte aufkommen des »Edding«-textmarkers (erfunden bereits 1960) und des »Tipp-Ex«-korrekturfluids (1965) einen nicht zu unterschätzenden einfluss ausübte, entstanden.
neben der anonymität ihrer urheber (die zum größten teil künstlerisch nicht weiter in erscheinung getreten sind und die, wenn es denn doch einmal gelingt, ihnen die urheberschaft nachzuweisen, sich unverständlicherweise oftmals - ebenso wie ihre sammler - peinlich berührt zeigen!), den billigen produktionsmitteln und den zumeist an der populärkultur orientierten themen und motiven, kann als weiteres gemeinsames merkmal der sog. »reclam-kunst« die taktik ihrer subversiven verbreitung gelten. werke wie die folgenden findet man eher selten in kunstateliers, museen oder bibliotheken, sondern zuallermeist auf sogenannten »flohmärkten«, wo sie zu billigsten preisen (in der regel zwischen 5 ct und 1 euro!!) verkauft, ja man möchte schon sagen: verramscht werden! auch altpapiercontainer und -sammelstellen sowie bücherbörsen caritativer bzw. öffentlicher einrichtungen empfehlen sich hier als anlaufstellen für kunstliebhaber.
nun aber viel freude beim gang durch unsere kleine ausstellung! (für eine größere darstellung klicken Sie bitte die einzelnen bilder an!)
p.s.: 1999 hat sich übrigens bereits das kölner »museum für gedankenloses« der »reclam-kunst« angenommen. eine leider unbebilderte beschreibung jener eindrucksvollen ausstellung mit dem schönen titel »kaba und liebe« finden Sie im »internet archive«. ein ausstellungskatalog ist 2000 bei reclam erschienen, allerdings bestenfalls noch antiquarisch erhältlich.
die chronik des reclam-verlages, (hier als pdf-dokument) liefert folgende, sehr treffende beschreibung:
»[1999:] Die Kölner Galerie ON veranstaltet in ihrem »Museum für Gedankenloses« unter dem Titel »Kaba und Liebe« eine Ausstellung von Reclam-Bändchen, durch Schülerhände verziert, verschmiert, bekritzelt, mit verballhornten Autorennamen und Titeln. Unter der Devise »Schülerlektüre und Alltagskunst« wird die Ausstellung auch 2000 in Hannover und 2001 in Heidelberg gezeigt.
Das mit einer Auswahl der Exponate produzierte Reclam-Bändchen »Kaba und Liebe«, das demonstriert, wie Langeweile oder Aggression zu Kreativität führen können, erfreut sich größter Beliebtheit und ruft ein ungeahntes Presseecho hervor.«
willkommen im museum für moderne alltagskunst! in unserer heutigen ausstellung präsentieren wir Ihnen einige werke großer, gleichwohl anonymer meister(innen) aus den späten 80er jahren des vergangenen jahrhunderts. gemeinsames merkmal dieser pop-art-exponate ist, wie Sie sicherlich merken werden, die verwendung eines materials, das sich in jener zeit besonders im schulunterricht großer beliebtheit erfreute: sogenannte »reclam-heftchen«, hergestellt von der gleichnamigen stuttgarter firma.
insbesondere die produkte der »gelben periode ohne titelillustration« (1970-1987), die zum teil bis heute im freien handel zu spottpreisen erhältlich sind, haben auf die künstler jener zeit eine ungeheure anziehungskraft ausgeübt. zahllose werke in den variationen »filz-/blei-/buntstift bzw. tinte auf reclam«, seltener »öl auf reclam«, sind in dieser wohl kreativsten phase des späten 20. jahrhunderts, auf die auch das massenhafte aufkommen des »Edding«-textmarkers (erfunden bereits 1960) und des »Tipp-Ex«-korrekturfluids (1965) einen nicht zu unterschätzenden einfluss ausübte, entstanden.
neben der anonymität ihrer urheber (die zum größten teil künstlerisch nicht weiter in erscheinung getreten sind und die, wenn es denn doch einmal gelingt, ihnen die urheberschaft nachzuweisen, sich unverständlicherweise oftmals - ebenso wie ihre sammler - peinlich berührt zeigen!), den billigen produktionsmitteln und den zumeist an der populärkultur orientierten themen und motiven, kann als weiteres gemeinsames merkmal der sog. »reclam-kunst« die taktik ihrer subversiven verbreitung gelten. werke wie die folgenden findet man eher selten in kunstateliers, museen oder bibliotheken, sondern zuallermeist auf sogenannten »flohmärkten«, wo sie zu billigsten preisen (in der regel zwischen 5 ct und 1 euro!!) verkauft, ja man möchte schon sagen: verramscht werden! auch altpapiercontainer und -sammelstellen sowie bücherbörsen caritativer bzw. öffentlicher einrichtungen empfehlen sich hier als anlaufstellen für kunstliebhaber.
nun aber viel freude beim gang durch unsere kleine ausstellung! (für eine größere darstellung klicken Sie bitte die einzelnen bilder an!)
p.s.: 1999 hat sich übrigens bereits das kölner »museum für gedankenloses« der »reclam-kunst« angenommen. eine leider unbebilderte beschreibung jener eindrucksvollen ausstellung mit dem schönen titel »kaba und liebe« finden Sie im »internet archive«. ein ausstellungskatalog ist 2000 bei reclam erschienen, allerdings bestenfalls noch antiquarisch erhältlich.
die chronik des reclam-verlages, (hier als pdf-dokument) liefert folgende, sehr treffende beschreibung:
»[1999:] Die Kölner Galerie ON veranstaltet in ihrem »Museum für Gedankenloses« unter dem Titel »Kaba und Liebe« eine Ausstellung von Reclam-Bändchen, durch Schülerhände verziert, verschmiert, bekritzelt, mit verballhornten Autorennamen und Titeln. Unter der Devise »Schülerlektüre und Alltagskunst« wird die Ausstellung auch 2000 in Hannover und 2001 in Heidelberg gezeigt.
Das mit einer Auswahl der Exponate produzierte Reclam-Bändchen »Kaba und Liebe«, das demonstriert, wie Langeweile oder Aggression zu Kreativität führen können, erfreut sich größter Beliebtheit und ruft ein ungeahntes Presseecho hervor.«
abundant - 26. Mai, 14:47
2 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
vasili - 28. Mai, 11:28
ich glaube, solche sachen hat jeder zuhause rumstehen. meine reclamhefte aus schulzeiten sehen auch nicht anders aus. ;-)
abundant - 28. Mai, 11:37
na eben! so viele ungenutzt herumstehende beispiele kreativer entfaltung! deshalb fordere ich: stärkt die alltagskunst! macht wohnraum zu ausstellungshallen! hütten zu museen! und empfehle mich mit diesem programm zum neuen kulturstaatsminister! *hüstel*
Trackback URL:
https://abundant.twoday.net/stories/720572/modTrackback